Verstädterung verstärkt saisonale Unterschiede in Pflanzen-Bestäuber-Netzwerken [21.11.23]
Ein internationales Forscherteam untersucht die relative Bedeutung von saisonaler Dynamik und Umweltbedingungen in einer tropischen Megastadt.
Die zunehmende Verstädterung ist eine der Hauptursachen für den globalen Wandel der biologischen Vielfalt. Gleichzeitig findet die Nahrungsmittelproduktion zunehmend in städtischen Gebieten statt. Eine aktuelle Studie zeigt, dass die für die landwirtschaftliche Produktion wichtigen Interaktionen zwischen Pflanzen und ihren Bestäubern erstaunlich dynamisch sind. Untersuchungen auf Gemüsefarmen in der südindischen Metropole Bangaluru zeigten starke Unterschiede bei den an der Bestäubung beteiligten Pflanzen- und Tierarten in den lokal vorherrschenden Jahreszeiten (Monsun, Sommer, Winter). Ein Vergleich zwischen ländlichen und städtischen Anbauflächen zeigte, dass die Verstädterung auch diese saisonale Dynamik deutlich verstärkt. Die Arbeit wurde in der Zeitschrift Ecology Letters veröffentlicht.
Die Forschung wurde im Rahmen einer interdisziplinären DFG-Forschungsgruppe zum Wandel sozio-ökologischer Systeme entlang ländlich-urbaner Gradienten in der südindischen Megastadt Bengaluru durchgeführt. Das Gebiet hat ein gemäßigtes tropisches Klima mit drei verschiedenen Jahreszeiten: einen milden und meist trockenen Winter, einen heißen und trockenen Sommer (Trockenzeit) und den Monsun mit hohen Niederschlägen. Das Forschungsteam stellte fest, dass städtische Gebiete durch höhere Temperaturen und eine hohe Pflanzendynamik und -vielfalt gekennzeichnet sind, während die Bienenarten sehr flexibel auf die zeitlichen und räumlichen Veränderungen in der Zusammensetzung ihrer Nektar- und Pollenquellen reagieren. Folglich trugen Veränderungen in der Zusammensetzung blühender Pflanzen, einschließlich Nutzpflanzen und Unkräutern, zur saisonalen Dynamik der Interaktionen zwischen Pflanzen und Bestäubern bei. Diese saisonalen Veränderungen in den Interaktionen zwischen Pflanzen und Bestäubern waren im städtischen Kern der Megastadt besonders ausgeprägt, in der ländlichen Peripherie dagegen weniger.
"Unsere Studie liefert neue Erkenntnisse über die Rolle der Urbanisierung für die Dynamik von Pflanzen-Bestäuber-Netzwerken in den wenig untersuchten tropischen Regionen. Dies ist besonders wichtig, da die Mehrheit der aktuellen und zukünftigen Stadterweiterungen in den Tropen stattfindet und somit anderen ökologischen, klimatischen und sozialen Zwängen unterliegt als in Städten der gemäßigten Zonen", betont Erstautor Dr. Gabriel Marcacci, jetzt Postdoc an der Schweizerischen Vogelwarte und der Universität Bern. "Unsere Ergebnisse weisen auf die großen Veränderungen in Pflanzen-Bestäuber-Netzwerken im Laufe eines Jahres hin und auf die oft vernachlässigte Bedeutung der Saisonalität für die Interaktionen zwischen Pflanzen und ihren Bestäubern, insbesondere in den schnell wachsenden tropischen Megastädten", betonen die Co-Autoren Prof. Catrin Westphal, Prof. Teja Tscharntke und Prof. Ingo Grass.
Originalveröffentlichung: Gabriel Marcacci et al. (2023) Urbanization alters the spatiotemporal dynamics of plant–pollinator networks in a tropical megacity. Ecology Letters. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/ele.14324